Freies Saatgut

Macht satt und Saat!

Mein Wunsch zur Schöpfung von Millionen privaten lebendigen Genbanken oder
warum das Dasein mit individuellen leckeren Tomaten oft lebenswerter ist...

Was mir wichtig ist

Verbundenheit von Mensch und Pflanze

Ziel meines Unternehmens/meiner Lebensweise ist es Menschen und Pflanzen wieder miteinander zu verbinden. Ich wünsche mir mehr Respekt und Achtung für unsere wichtigen, grünen Mitbewohner. In Hinblick auf die gewaltige genetische Erosion richte ich meine Arbeit zur Entstehung von zigtausenden oder noch besser auf zigmillionen, private, lebendige Genbanken in unseren Hausgärten oder Äckern aus.  Je mehr Saatgut auf traditionelle Weise erhalten, ausgelese und weiterentwickelt wird, desto größere Chancen haben wir uns in Zeiten mit wechselnden Klima, unbeständigen wirtschaftlichen Verhältnissen, zunehmender Umweltzerstörung mit gesunden Nahrungsmitteln selbst zu versorgen.

Moderne professionelle Pflanzenzüchtung hat für mich ihre Berechtigung. Initiativen, Züchter wie Bingenheimer Saatgut AGRheinsaat , Dreschflegel oder Culinaris  beweisen das samenfeste Sorten für den professionellen Anbau gut geeignet sind. Ebenso haben staatliche Genbanken, gemeinnützige oder private Erhaltungsinitiativen eine wichtige Bedeutung für die Bewahrung unserer Vielfalt.  Doch ich glaube nicht das das allein ausreicht. Ernst zu nehmende Züchter beschränken sich in ihrer Sortenauswahl zu Gunsten einer Topsaatgutqualität. Gemeinnützige Organisationen werden oft von sehr engagierten, idealistischen aber leider oft unterbezahlten und völlig überlasteten Personen aufrecht erhalten.

Gedanken zum sinnvollen Sortenerhalt bei Nutzpflanzen

Mit meiner Arbeit wollte ich Menschen und Pflanzen zwecks einer lebensfreundlicheren Alternative verbinden. Ich liebte die Pflanzen, sah ihre Bedeutung und wollte das es ihnen gut geht. Nicht mehr, nicht weniger. Im Lauf meines gärtnerischen Lebens stellte sich herraus, das die Selbstversorgung mit leckerem Fruchtgemüse ein genußvoller und äußerst effektiver Weg ist Menschen und Pflanzen zu einer wohltuenden Kooperation zu veranlassen. Tomaten, Paprika und Co. gedeihen sogar in mobilen Topfgärten und ihre Früchte lassen sich einfach zubereiten. Das heißt das die Früchte ohne große Küchenerfahrung schnell zubereitet werden können.

Begeistertes Tun wirkt manchmal als (ungewolltes) Marketing....
Da ich bisher nie das Glück von eigenem Land erfahren durfte, konzentrierte ich mich eher auf einjährige Pflanzen, die sich leichter als Stauden und Gehölze umziehen lassen. Ich entdeckte die leckere Welt von bunten Tomaten und ihren speziellen Eigenschaften. Für die Erzeugung von eigenem Saatgut ist schon eine Menge Naturverständnis aber auch Experimentierfeude und Konsequenz gefordert. Ich probierte viel aus und drückte meine Begeisterung in zahlreichen Bildern, Texten, Videos etc. aus.

Mit diesen Wissensweitergaben tat ich ein hervorragendes Markteting ohne mir dessen bewusst zu sein. Mein Ziel war es ja den Pflanzen wieder mehr menschliche Beachtung zu geben und einfach einen guten Job zu machen. Von Vorträgen und schreiben allein ließ sich nicht genug Geld verdienen und abgesehen davon wollte ich mit meinen Protagonisten auch "in echt" leben. Dazu gehört es den Pflanzen einen guten Standort die notwendige Pflege zu geben und zu sehen was passiert. Ich kann nur über das authentisch schreiben was ich erlebe. Ich schrieb, fotografierte und veröffentlichte viel. Besonders ausführlichere Sortenbeschreibungen zum Kennenlernen und Vergleichen hatten es mir angetan.
Es kamen mehr Anfragen zu Samen und Pflanzen.
Nicht nur bei mir. Insgesamt erlebte das Thema samenfestes Saatgut einen wahren Aufschwung. Viele engagierte Journalisten /-innen und anderen Öffentlichkeitsarbeiter/-innen verhalfen  mit ihren Publikationen der Pflanzenvielfalt zu mehr Aufmerksamkeit.  Es entstanden immer mehr Saatgutfestivals mit schönen Vortragsprogrammen, viele entdecken ihre grünen Daumen und zumindest leicht zu vermehrende Fruchtgemüse sind in großer Sortenvielfalt wieder zu haben. Soweit so gut. Doch in Bezug auf eine sinnvolle Sortenerhaltung  genügt die bloße Bereitstellung von Konsumgütern (hier Samen) nicht.

Schwierigkeiten beim sinnvollem Sortenerhalt
Es fehlt der privaten, teils ehrenamtlichen Saatguterhaltung oft an Land, Platz, Zeit, finanziellem Polster, passendem Umfeld, passender Infrastruktur, passender menschlicher Hilfe, effektiver Vernetzung oder einfach den Vorraussetzungen zur Beständigkeit, Hingabe, Konzentration. Viele beuten sich selbst aus oder sie begnügen sich irgentwann mit den bescheidenen Mitteln.
Eine große Schwierigkeit sehe ich in der mangelden Bestandspflege unseres heute noch bestehenden Sortenfundus.
Zur Pflege gehören zum Beispiel ein passender Standort, eine ausreichende Nährstoffversorgung, eine gute Beobachtungsgabe, die Fähigkeit für nachvollziehbare Sortendokumentationen und vor allen eine passende Infrastruktur. Für super Auslesen brauchen wir eine große Anzahl von Individuen einer Sorte. Bei Tomaten wären 30 Pflanzen und mehr wünschenswert oder zumindest 10.
Wir brauchen Zeit die einzelnen Pflanzen zu beurteilen und bei Bedarf zu handeln. Dazu gehört es ungenügende Exemplare rechtzeitig aus dem Bestand zu entfernen. Viel versprechende Exemplare lassen sich z.B. bis Mitte Juli durch Stecklinge vermehren um mehr Früchte mit potenziell hochwertigen Saatgut zu ernten. 
Das habe ich nur wenige Beispiele genannt. Mehr würde den Rahmen dieses Textes sprengen.

Zwei Gründe für den Rückgang der Sortenqualität

Zwei Hauptgründe für den Rückgang der Sortenqualitäten sehe ich:
1. Zum einem nimmt das Nahrungsangebot in unserem immer mehr zubetonierten oder einseitig genutzten Flächen immer mehr ab. Die Insekten weichen auf Kulturpflanzen aus und durch ihre Aktivität kommt es zu häufigeren Fremdbefruchtungen.
2. Zum anderen stehen die Pflanze in hoher Sortenanzahl viel zu dicht aufeinander. Das begünstigt Verkreuzungen mit anderen Sorten  aber auch den verstärkten Befall von Pflanzenkrankheiten. All das hat negative Auswirkungen auf die folgenden Generationen.
Professionelle Pflanzenzüchter und - erhalter müssen sehr viel mehr für eine gute Samenqualität investieren.  Sie nutzen z.B. spezielle Isoliertunnel um Fremdbefruchtungen zu vermeiden.

Diese Entwicklung der mangelnden Sortenpflege sehe ich inzwischen fast genau so schädigend an wie die Auswirkungen der konzentrierten Marktmacht einzelner Konzerne. Beides gefährdet die Erhaltung und Weiterentwicklung der Nutzpflanzensortenvielfalt.

Gerade in den letzten Jahren sehe ich wie das wertvolle Gut Sortenvielfalt verramscht, vertauscht, verfälscht wird. In völliger Unkenntnis um die wichtigsten Grundlagen zur Pflanzenpflege oder zum Sortenerhalt werden oft unter besten Absichten Samen von minderwertigen Auslesen weitergegeben oder weiterverkauft. Einst typische Sortenmerkmale wie eine geringe Geiztriebbildung, Pflanzengesundheit, Aroma, Aussehen der Früchte u.s.w. verschwinden. Die Qualität der Sorten geht zurück. Das ist für mich doppelt schade. Auf meinen Reisen habe ich festgestellt das gerade im deutschprachigem  Raum "DACH (Deutschland, Österreich, Schweiz)" noch sehr viele Sorten verfügbar sind.

Von Lutschern und Saugern...
Ich möchte gar nicht wissen wie viele Menschen aus wirtschaftlicher Not sich ein Einkommen mit dem Verkauf von eigenem Saatgut und Jungpflanzen erwirtschaften müssen, ihr Umfeld keine bessere Arbeitsweise zulässt oder sie vielleicht nur auf leicht verdientes Geld aus sind...Leider fehlt es ihnen oft an echter Kreativität und ihr Handeln gleicht denen von Trittbrettfahrern. Das macht den wenigen Aktiven keine Freude, flacht die Qualität in jeder Beziehung ab und sorgt manchmal dazu das Wissen eben nicht mehr geteilt wird.
Mit dem positiven Begriff Sortenvielfalt, Sortenerhalt wollen einige branchenfremde Organisationen und Menschen Ihr Image aufpolieren. Mit Marketing oder gut gemeinter Publicity alleine lässt sich diese Aufgabe kaum lösen. Das führt eher in die Irre, kostet Zeit und füllt die Kassen von anderen. Oft bringen diese Verbindungen nichts und es ist besser sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern.
 

Landknappheit, Landnutzung

Der Wunsch nach einer langfristigen regenerativen Landnutzung und Erhaltung unserer Lebensgrundlagen ist unter den Gärtnern /innen sehr groß. Er lässt sich nicht umsetzen weil die nötigen Mittel nicht für jeden erreichbar sind. In vielen Gegenden ist der dauerhafte Landerwerb zu teuer oder überhaupt nicht möglich da die Ressource Land sorgfältig von der Hegemonie der Besitzenden/ Vermögenden genutzt, verteilt und verteidigt wird. Ebenso gibt es sehr unterschiedliche Ansichten wie ein Land sinnvoll zu nutzen ist.

Die angestrebte Ökoidylle mag für naturbewußte Menschen zwar das Maß der Dinge sein doch die maschigenengestütze Monokultur ist allgegenwärtig und wird von einer entscheidenen Mehrheit als sinnvoll unterstützt. Fest steht das die meisten Menschen existenziellere Sorgen oder einfach andere Prioritäten als Pflanzensortenerhaltung haben.

An der Ressource dauerhaft nutzbares Land und dem Umgang mit mit der Umwelt wird nach meinen Beobachtungen der Erfolg effektiver menschlicher Beziehungen und Macht sehr deutlich.  Während die breite Masse noch sehr auf Wettbewerb gestrimmt ist und sich gerne von verschiedenen Moden mitnehmen lässt haben sich in der Hegemonie schon längst die effizient, eleganten Lösungswege der Kooperationen etabliert.

Die Pflanzenzüchtung einzelnen, finanzstarken großen Unternehmen komplett zu überlassen erscheint mir sehr gewagt. Selbst wenn diese Unternehmen ethisch und ökologisch völlig korrekt arbeiten, (wie sie wirklich sind, kann ich mir nicht anmaßen zu wissen) erscheint es mir nahezu unmöglich das nur sie alleine unsere Probleme mit der Erhaltung unserer Lebensgrundlagen lösen können. 

Besser wenig als nichts

Zweifellos ist besser die Sorten mit bescheidenen Mitteln zu erhalten als gar nicht.
Meine Bildungsarbeit z.B. in Form von diesen Internetseiten finanziert sich mit dem Verkauf meiner Pflanzen und  Samen.   Die ganzen weitergegebenen Pflanzen können sich in hunderten von Gärten weiter entfalten und dort  viel mehr Neuigkeiten in ihren Genpool "hochladen",   als es bei mir zur Zeit möglich ist. Wenn durch diese Bildung es ermöglicht wird, das die Menschen den Pflanzen wieder bessere Lebensbedingungen schaffen und auch dadurch von einer höheren, leckeren Ernte, Schönheit profitieren ist ein kleiner Teil meiner Absicht erreicht.  In dieser Zeit mehr zu erwarten wäre für mich völlig naiv.
All meinen  Bedenken zur Sortenreinheit zum Trotz habe ich viele Pflanzen der 3. bis 10.+ Generation die bei mir oder bei meinen Kunden wunderbare Sortenmerkmale aufweisen und behalten.
 

Eine Frage der Bedeutung

Agrarwüsten und Monopolisierungen sind für mich die logische Folge von einem massenhaft "mangelhaften" Bewusstseins gegenüber dem Leben. Es ist für mich bestenfalls erstaunlich das mit dem materiellen Wohlstand und den noch breiten Bildungsmöglichkeiten der inzwischen über 70 Jahre währenden Friedensphase nahezu nichts zu Bestand unserer Lebensgrundlagen geleistet wurde.  Ich bin ebenso erstaunt wie unbedarft Technik genutzt wird und wie wenig das für die Technik notwendige komplexe Denken auf die noch komplexeren Vorgänge der Natur umgesetzt wird.
Die heutigen öffentlichen Diskussionen über den allgegenwärtigen Klimawandel widern mich in ihrer Verlogenheit an.
Der breiten Masse werden neue Steuern,  grüne Konsumprodukte schmackhaft gemacht und es werden immer mehr Lebensräume oder Lebensgrundlagen in unserer umgebenden Natur weiter zerstört.  Monokulturen, Waldrodungen, der ungehemmte Bauboom mit den damit verbundenen versiegelnden Flächen haben eine direkte Auswirkung auf das regionale Wetter /Klima und Wasserkreisläufe.   Lokale Umweltaktivitäten zur Verhinderung von weiterer Bebauung, Windparks etc. gelangen relativ selten in die Öffentlichkeit und erfahren zu wenig Unterstützung.
Den Begriff von Vielfalt mag ich schon gar nicht mehr in den Mund nehmen, weil dieser fast nur noch zu Werbezwecken verwendet wird.  Der natürliche Artenreichtum hat rein gar nichts mit der bunten Konsumvielfalt zu tun und dennoch wird mit dem Begriff Vielfalt für eine verwirrende doch leider dann oft sehr einheitliche Produktpalette geworben. Ein banales Beispiel: Wer braucht in echt  Fruchtauftriche in x verschiedenen Gläsergrößen oder hunderte von unkompatiblen Druckerpatronen?  Heute scheint die Freiheit nur in der Wahl ähnlicher Produkter in sehr unterschiedlichen Verpackungen zu bestehen.
Die Vergangenheit hat es dutzende mal gezeigt das das Klima mit Abholzungen, Raubbau mit dem Boden unangenehmer wird und es z.B. zu weniger aber heftigeren Niederschlägen führt.
Das großflächige Abdecken mit hellen reflektierenden Materialen und gigantische Monokulturen haben alleine schon physikalische Auswirkungen. Die Pflanzen, aber auch Radfahrer haben in den heckenfreien Agrarsteppen viel mehr mit dem Wind zu kämpfen als in geschützteren Lagen.  Was das Fortkommen beim Radfahren beschwerlich macht, sorgt bei den Pflanzen und den obersten Bodenschichten zum Austrocknen. Der Aspekt von mangelnder Schönheit ist bei all den negativen Auswirkungen schon fast zu vernachlässigen. Über all diese Themen haben andere Autoren zu genüge beschrieben. Es gäbe genug Lösungen ohne in ein schreckliches Mittelalter zurück zu fallen und ohne ständige Schuldzuweisungen.   Selbst erlebe ich mich bei diesem Thema in einer Art Lähmung aus Resignation und Bequemlichkeit. Wohl bin ich mir über meinen Betrag bewusst doch sehe ich für mich keine konkret umsetzbaren, effektiven Handlungswege.
Vielleicht werden folgende Generationen wieder einen bewußteren Zugang zu Pflanzen, frei von Esoterik, Illusionen, übertriebener Selbstdarstellung oder im Zwang der wirtschaftlichen Gewinnmaximierung leben.  Vielleicht tun es bereits jetzt schon einzelne Menschen und machen kein "Aufhebens" darum.
Vielleicht gibt es eine nahe Zukunft voll biotechnischer Lebensformen, in der die Natur wie wir sie noch kennen gar keine Bedeutung für die Menschen mehr hat. Doch in so einer Welt will ich nicht mehr leben. In diesem Fall betrachte ich mein Wirken als historische Aufzeichnung: ein buntes Kapitel voller Lebensfreude das zu neuen Ideen inspirieren kann.

Bedingunslose Tomatenfreuden

Ich sehe bei vielen meiner "Kunden" mit wieviel Liebe "meine" Tomatensorten in Ihren  Gärten gedeihen oft besser als bei mir... Das macht mir Mut weiterzumachen.  Je größer dieser Genpool unserer Gärten ist, desto mehr Möglichkeiten entstehen wirklich gesunde und robuste Pflanzensorten in Zusammenarbeit mit professionellen Erhaltern und Züchtern zu entwickeln...
Eine seltene Tomatensorte auf dem Balkon bringt freilich nicht die Riesenernte einer Hybridtomate im perfektem Gewächshausanbau - aber sie zeigt uns direkt welche Auswirkungen das Wetter, unsere Pflege auf ihr Wachstum hat. Ihre Früchte schmecken, frisch und vollreif geerntet, wesentlich besser als es bei den meisten Früchten mit langen Transportwegen der Fall sein kann. Aus dem derzeit noch großen Fundus an Nutzpflanzensorten können wir uns die passende Sorte wählen, selber vermehren und uns an etwas Außergewöhnlichem, das nicht jeder hat, freuen. Wer einen eigenen Nutz- Garten bestellt weiß, das unser üppiges Lebensmittelangebot keine Selbstverständlichkeit ist: Ohne die Erleichterungen des proffessionellen Anbaus wie Gewächshäuser oder fundiertem Gartenwissen können in einem derart kalten, regnerischen und lichtarmen Sommer wie in 2013 keine großen Ernten in einfachen Hausgärten zu erwarten sein. Ebenso nicht wenn wie in 2015 zahlreiche Früchte durch Sonnenbrand ungenießbar werden oder ein eisig kalter April und Frosttage im Mai unsere Jungpflanzen erfrieren lassen.
Beim eigenen Gärtneren liegt es in unserer Hand mit welchem Dünger wir die Pflanzen versorgen und ob wir sie mit Pestiziden gegen Schädlinge behandeln wollen. Die vielen abschreckenden Berichte über Lebensmittelskandale und die Nachteile der industiellen Landwirtschaft (die in unserer Zeit zweifelslos auch ihre Vorteile hat, bis sich wirklich brauchbare Alternativen durchsetzen...) wecken in vielen Menschen die Sehnsucht nach einem kleinem Stück 'Heile Welt'. Pflanzen können uns viele Freuden geben.


Seltene Gemüsesorten

Schutzbedürftige Pflanzen

Vielfaltsgärtnern in Zeiten von Saatgutmonopolisierungen, Globalisierung und urbanem Gartenglück:

Plädoyer für die Erhaltung und Erweiterung  unseres Kulturgutes Sortenvielfalt

Vor 10.000 bis 15.000 Jahren fingen Menschen an, Pflanzen gezielt für ihre Nahrung zu selektieren und anzubauen. Tausende von Menschengenerationen schufen in Kooperation mit den Pflanzen weltweit eine beinahe unendlich reiche Pflanzenvielfalt, so dass sie selbst in unwirtlichen Regionen ihr Überleben sichern konnten. Der enorme Sortenreichtum entstand in der kleinbäuerlichen Landwirtschaft und den Gärten der Menschen. Es mutet vielen Nutzpflanzenerhaltern und engagierten Verbrauchern seltsam an, dass nun einzelne Firmen Patente auf ein gemeinsam geschaffenes Kulturgut anmelden. Dieses Kulturgut Sortenvielfalt ist unsere Grundlage zum Überleben wie die Luft zum Atmen und darf nicht privatisiert werden.


Nutzpflanzenvielfalt

Das Aussterben schreitet voran

Heute ist über 70 Prozent dieser Nutzpflanzenvielfalt verloren gegangen. Verantwortlich für diese genetische Erosion sind veränderte Lebensgewohnheiten und die zunehmende Konzentration auf wenige, der industriellen Landwirtschaft angepasste Hybriden. Diese unterscheiden sich kaum noch voneinander und sind zunehmend auf den Einsatz von teuren Dünge- sowie Pflanzenschutzmittel angewiesen.

Traditionell gezüchtete Landsorten bringen zwar keine Rekordernten, doch sie haben andere Vorzüge. Der Anbau und die Weiterentwicklung traditioneller Nutzpflanzen können mit viel weniger Aufwand eine gute Ernte und existenziellen Wohlstand für alle bringen, ohne dabei auf moderne Technik verzichten zu müssen. Durch ihre breite genetische Ausstattung können sie sich viel besser an klimatische Änderungen, lokale Standortbedingungen anpassen und Krankheiten und Schädlinge abwehren, als wenige, genormte Zuchtlinien.


Traditionelle Kulturpflanzen

Überzeugend durch Vielfalt 

Nachdem viele unserer Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht, Stockwechselstörungen, Herz- Kreislaufbeschwerden und Depressionen zumeist aus unserem Überfluss resultieren, stellt sich die Frage, ob der Verzicht auf Rekordernten und Produktionsüberschüsse wirklich eine verminderte Lebensqualität darstellt. Traditionelle Kulturpflanzen überzeugen mit ihren unterschiedlichen guten Geschmack, ihr teilweise ungewöhnliches Aussehen, ihre unterschiedlichen Erntezeitpunkte, und ihren versteckten genetischen Eigenschaften wie Anpassungsfähigkeit und Krankheitsresistenz. Nicht umsonst suchen die großen Pflanzenzüchter nach seltenen Landsorten, um resistente Sorten daraus zu entwickeln.

Moderne Hybridsorten können nicht zur Weiterzüchtung verwendet werden. Die Zuchtlinien, aus denen sie gekreuzt werden, sind Betriebsgeheimnis. Schließlich sind diese Forschung und die Prüfungen für Marktzulassung und Sortenschutz (einer Art Patent) mit enormen Kosten verbunden. Es ist allerdings fraglich, ob solche Pflanzen nach ein paar Jahren kurzfristigen Gewinnes einen langfristigen Nutzen bringen, denn Schädlingen und Krankheiten können sie nicht lange widerstehen.


Zukunft einer echten Biolandwirtschaft ?

Auch im Bioanbau Einsatz von Hybridsorten

Selbst im Bioanbau werden größtenteils Hybridsorten angebaut, weil viele Ökoprodukte sonst noch teurer wären. Auch wurden samenfeste Sorten, die Bauern und Gärtner selbst vermehren können, systematisch vom Markt genommen.

Es liegt nahe, dass die Weiterentwicklung einer breit angelegten Kulturpflanzenvielfalt und von die Natur schonenden Anbaumethoden für den großflächigen Anbau, aber auch für die kleinteilige Landwirtschaft unterstützt werden muss.  Unserer Lebensmittel und Saatgutproduktion erfolgt aus ökonomischen Gründen oft in wärmeren Regionen der Erde, die vom "Westen" als "Dritte Weltländer" oder gar "Entwicklungsländer" bezeichnet werden. Große Monokulturflächen mit großzügigen Pestizideinsatz bringt kurzfristig nur Wenigen gigantische Erträge. Mittelfristig bis langfristig gehen alle anderen Leer aus. Zudem werden Ihnen jegliche Zukunftperspektiven genommen.
Natur, Klima  und die Existenzgrundlagen der dort lebenden Menschen dürfen nicht länger zerstört werden, um für die Industrieländer billige Nahrungsmittel zu erzeugen.

Mehr denn je ist es wichtig, Sorten zu entwickeln, die mit den sich massiv veränderten Klimabedingungen und deren Folgen zurechtkommen. Dasselbe gilt für Anbauweisen. Die Forschung im Großen wie im Kleinen muss finanziell gewürdigt werden. Ebenso dürfen bei Verbesserungen nicht schon wieder nur einige wenige den Rahm abschöpfen.


Öffentliches Bewusstsein

Historische Sorten stärken

In den letzten Jahren rücken seltene Sorten von Kulturpflanzen wie Tomaten, Paprika, Chili, Gurken, Bohnen und historische Obstsorten glücklicherweise immer mehr in das öffentliche Bewusstsein. Fast überall ist das Gemüsesortiment in den Hausgärten bunter und aromatischer geworden. In der Sterneküche haben seltene Tomatensorten und deren unzählige kulinarische Variationen längst Einzug gehalten. Dieser Reichtum ist zahlreichen engagierten Pflanzenliebhabern, Gemüsegärtnern und Erhaltern zu verdanken. Am größten ist die Sortenvielfalt in Hausgärten, Schaugärten sowie auf den Flächen von Erhaltungsorganisationen wie dem Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt, Freie Saaten, Dreschflegel und anderen.

Auch der Staat und die Bundesländer finden zunehmend daran Gefallen, Biodiversität als politisches Ziel hervorzuheben. Viele Erhaltungsinitiativen wie der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN), der Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt  oder private Sammler haben weder finanzielle noch staatliche Unterstützung. Doch werden gerade die engagierten Nutzpflanzenerhalter in ihrer Arbeit durch bürokratische Auflagen wie der EU- Erhaltungssortenverordnung (siehe:www.gesetze-im-internet.de/erhaltungsv/index.html ) blockiert.


Das Saatgutverkehrsgesetz

Kein Schutz für Hausgärtner

Das Saatgutverkehrsgesetz macht für professionelle Anbauer einen Sinn, sich vor schlechter Saatgutqualität (Verkreuzungen, samenbürtige Krankheiten) und den daraus resultierenden Folgen von Ernteeinbußen zu schützen. Für die Hausgärtner bringt diese Verordnung keinen Schutz. Mit dem Kauf eines Saatgutpäckchens haben sie ein relativ geringes finanzielles Risiko. “Die Menschen sind aufgrund einer guten Beratung und den Vorzügen der seltenen Sorten an sich überzeugt und brauchen keinen bürokratischen Überbau. Ernährungs- und umweltbewusste Verbraucher wollen heute wieder Vielfalt im Garten und auf dem Teller haben.” (Zitat Dr. Susanne Gura: Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt ( VEN ) Und sie sind auch bereit, für diese Qualität zu bezahlen.

Es wäre für Mensch und Natur sehr schade, wenn diese hoffnungsvolle Entwicklung durch Bürokratie, Lobbyarbeit, wirtschaftliches Gewinnstreben oder schlichtweg UNBEWUSSTES HANDELN im Keim erstickt wird.


Nutzpflanzen sind Kulturgut

Pflanzenzüchtung ist ein Gemeinschaftswerk von Pflanzen und Menschen

Jahrtausendelang haben Hunderte von Menschengenerationen mit dem Wohlwollen der jeweiligen Pflanzenart die heutige Nutzpflanzenvielfalt geschaffen. Nahezu in jedem Bereich der Erde haben die Völker der Welt an unterschiedlichsten Standorten für ihre jeweiligen Bedürfnisse ganz spezielle Nahrungspflanzen selektiert und weitergezüchtet. Alleine im Bereich der Tomaten entstand innerhalb von 8.000 Jahren eine heutige Vielfalt von schätzungsweise 5.000 bis 10.000 Sorten.

Die meiste Zeit ihrer evolutionären Entwicklung hat das beliebte Fruchtgemüse in Süd- und Mittelamerika, genauer von Peru bis Mexiko verbracht. Mit der Kolonialisierung Amerikas durch die Europäer landeten ein paar Tomaten ins Reisegepäck. Innerhalb von nur 500 Jahren hat sich die Tomate ihren Platz in fast allen Teilen der Welt in die Gärten der Menschen erobert. Von Australien bis Sibirien entstanden unzählige neue Sorten. Die Tomatenpflanzen, die in halbwüstenähnlichen Gebieten mit monatelangen Trockenzeiten über Jahrtausende kultiviert wurden, mussten sich nun oft z.B. an kühlere, regnerische oder kürzere Sommer gewöhnen. Manche gewöhnten sich ein Dasein als kompakte Topfpflanze an und andere konnten unter Gewächshausbedingungen meterweise in die Höhe schießen.

Der Ertrag und Früchte wurden an veränderte Anbauweisen und Ernährungsgewohnheiten weiterentwickelt. Besonders im 18.ten und 19 Jahrhundert entstanden zahlreiche neue bunte Formen. Gartenkataloge von 1860 dokumentieren neben den bekannten roten Tomaten bereits Sorten mit Gelbrosa, weißen oder schwarzen Früchten.

Dank des Engagements von Nutzpflanzenerhaltungsinitiativen wie der VEN, Arche Noah, Journalisten und (Haus-) Gärtnern /Gärtnerinnen ist die Bedeutung der Sortenvielfalt wieder mehr in die Öffentlichkeit gerückt. Das verstärkte Interesse ist bitter notwendig: Mehr als 75 % unserer Kulturpflanzenvielfalt ist in den letzten 60 Jahren verloren gegangen.

Nun entstehen in vielen Hausgärten neue Sorten durch Auslese, durch ungeplante Verkreuzungen, durch gezielte Züchtungen.... Ebenso verändern sich auch bestehende Sorten. Das ist für mein Empfinden bisher noch überwiegend richtig. Denn die Sorten müssen sich an veränderte Bedingungen gut anpassen und sich wie ein Computerprogramm ständig aktualisieren.

Die Rolle der Tomaten

Mit ihren leckeren Früchten schaffen es die Tomaten, das wir uns um die sensiblen Pflanzen kümmern. Nahezu in jedem Hausgarten wachsen Tomaten. Ihr Wirken zeigt sich nicht nur im kulinarischen Bereich. Bei mir haben die Tomaten meine ursprüngliche Tätigkeit als Staudengärtnermeisterin mit dem Werk der lilatomate in ein reiches Leben verwandelt.

In der riesigen Welt der Pflanzenarten ist die Bedeutung der Gattung Tomaten verschwindend gering. Dennoch haben es gerade diese Nachtschattengewächse mit ihren köstlichen Früchten es geschafft zum beliebtesten Gemüse zu werden. Deshalb finden Tomatenpflanzen trotz ihrer Allüren mit Braunfäule und Co immer einen Platz im Garten oder auf dem Balkon.

Sie haben eine einzigartige erfolgreiche Geschichte hinter sich und sind immer noch auf Erfolgskurs. Wer kann das nach 500 Jahren Globalisation schon behaupten?